Visitor registration is now open! Scan the QR code to find out why you should visit. Source, collaborate and future-proof your business at the world’s largest international textile and garment technology exhibition CEMATEX Associations Scan for More Info ACIMIT (Italy) AMEC AMTEX (Spain) BTMA (United Kingdom) GTM (Netherlands) SWISSMEM (Switzerland) SYMATEX (Belgium) TMAS (Sweden) UCMTF (France) VDMA (Germany) Show Owner Show Organiser T: +65 6849 9368 E: info@itma.com Connect With Us @ ITMA2023 AUSGABE 1 20 23 DEUTSCH IN DIESER AUSGABE Recycling-News Carbios/Novozymes Andritz/Renewcell Lenzing Trevira Naturfasern Möglichkeiten und Chancen Recycling Biologisch abbau- barer Polyester Textilveredlung Textilausrüstung zum Schutz gegen mikrobiellen Befall D 5 8 6 2 E FASERN, SPINNEREI, WEBEREI, STRICKEREI, TEXTILVEREDLUNG BESUCHEN SIE UNS AUF: TEXTILETECHNOLOGY.NET
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Kai Nebel Leiter Forschungsschwerpunkt Nachhaltigkeit und Recycling Texoversum, HS Reutlingen Naturfasern – Möglichkeiten und Chancen Naturfasern dienen der Menschheit seit Urzeiten als wichtiger Rohstoff für viele Gegenstände des täglichen Lebens, sei es als Kleidung, als technische Textilprodukte oder, im Falle von Cellulosefasern, als Ballaststoffe bei unserer Ernährung. Waren die allerersten Gebrauchstextilien unserer Vorfahren noch hauptsächlich tierischen Ursprungs in Form von Fellen und Pelzen, so wurden zunehmend die Pflanzenfasern als Ressource für vielfältige Anwendungen entdeckt. Dem Beispiel der Natur folgend, fanden die unterschiedlichen Faserarten Anwendung entsprechend ihres natürlichen Bestimmungszwecks bzw. entsprechend ihrer morphologischen und technologischen Eigenschaften. So wurde und wird z.B. Wolle aufgrund ihrer flexiblen, isolierenden und wärmenden Eigenschaften hauptsächlich als Kleidung und als Kälteschutz eingesetzt, während sich die steifen, glatten und festen Bastfasern wie Flachs oder Hanf, sich eher als Seile, Netze oder auch als Bogensehnen eigneten. In unserer heutigen Industrie- und Konsumgesellschaft sind die Naturfasern trotz Konkurrenz durch Synthesefasern – vor allem im Textilbereich – nicht mehr wegzudenken. Gerade im Zuge des Trends hin zu mehr Nachhaltigkeit steigt das Interesse und damit die Nachfrage nach Faserprodukten natürlichen Ursprungs. Viele Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie setzen zugestandenermaßen auf das Motto „zurück zur Natur“, um damit auch ihrer Kundschaft das gute Gefühl zu geben, mit dem Konsum von Naturfaserprodukten dem Klimawandel durch die Abkehr von fossilen Rohstoffen zu begegnen. Warum jedoch werden im Sinne der Nachhaltigkeit nicht weitaus mehr textile Produkte aus Naturfasern produziert bzw. genutzt? Zum einen wird der Begriff Nachhaltigkeit sehr strapaziert und echte Nachhaltigkeitseffekte sind schwer zu verifizieren. Zum anderen wird vom Markt eine ständige Verfügbarkeit von Materialien und Produkten mit hoher, möglichst definierter und langlebiger Performance zu niedrigsten Preisen gefordert. Es liegt quasi in der Natur der Sache bzw. der Naturfasern und ihrer Produktion selbst, dass diese die synthetischen Fasern nicht ohne Weiteres ersetzen können – wer möchte sich schon gerne auf einen biologisch abbaubaren Sicherheitsgurt verlassen? Der steigende Faserbedarf respektive der Konsumhunger einer wachsenden Weltbevölkerung lässt sich schon aus Knappheit an verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen, mit Problemen wie der Flächenkonkurrenz zur Lebensmittelproduktion, den Witterungsrisiken sowie der inhomogenen Verteilung von industriellen Infrastrukturen nicht nachhaltig stillen. So sind auch einem Ausbau der bislang größten Anbau- und Produktionsstrukturen, allen voran der Baumwollindustrie, gefolgt von der Jute-, Kokos-, Flachs- und der Wollproduktion, Grenzen gesetzt. In unserer textilen Welt werden Naturfasern mit ihren mannigfaltigen Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten, auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag zu unserer Textilrohstoffversorgung leisten, sie allein werden aber Umwelt und Klima nicht retten. Auch die Naturfaserproduktion, sei es für Papier- und Verpackungsrohstoffe, für technische Produkte und Textilien oder als Cellulosequelle für Regeneratfasern, verschlingt Ressourcen und belastet die Umwelt, sowohl beim Anbau aber auch bei ihrer Verarbeitung zu Produkten, von der Recyclingproblematik ganz zu schweigen. Moderne Synthesefasern sind hinsichtlich ihrer technologischen Leistungsfähigkeit, ihrer effizienten und anwendungsspezifisch definierbaren Produktions- und Einsatzmöglichkeiten sowie in Bezug auf Langlebigkeit und Recyclingpotenzial unschlagbar. Synthesefasern und Naturfasern sind jedoch keine Konkurrenten – je nach geforderten Produkteigenschaften oder Anwendungsbereichen haben beide ihre Daseinsberechtigung oder können sich in der Kombination ihrer spezifischen Eigenschaften hervorragend ergänzen. Naturfasern emittieren kein Mikroplastik und besitzen als nachwachsende Rohstoffe unschätzbare Vorteile. Diese liegen, unter anwendungsspezifischen Aspekten betrachtet, in erster Linie in ihren physiologischen Eigenschaften, aber auch in ihrem CO2Speichervermögen sowie in ihrer biologischen Abbaubarkeit. Naturfasern sind ein Angebot der Natur, deren Syntheseleistung wir würdigen sollten, indem wir die Naturfasern umweltverträglich produzieren, eine faire Preisgestaltung ihren landwirtschaftlichen Erzeugern gegenüber zulassen und sie zu Produkten verarbeiten, in denen ihre natürlichen Potenziale und Eigenschaften zur Geltung kommen. Der Trend, immer mehr Naturfaserrohstoffe für immer mehr Konsumprodukte einsetzen zu wollen, endet leider zu oft in Ökomarketing oder gar Greenwashing. Nur die Änderung unseres Konsumverhaltens, eine lange Nutzung und der achtsame Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen sind der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit. Naturfasern verdienen unsere Wertschätzung – für Wegwerfprodukte oder Fast-Fashion-Artikel sind sie zu schade. 3 MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023 LEITARTIKEL
INHALT AUSGABE 1 | 2023 | JAHRGANG 104 Seite 16 NEWS Seite 18 – 20 FASERN & GARNE Seite 24 – 25 TEXTILVEREDLUNG POM / PET W0 " " 4 MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023 INHALT
VISIT US AT: TEXTILETECHNOLOGY.NET LEITARTIKEL 3 Naturfasern – Möglichkeiten und Chancen K. Nebel NEWS 6 – 16 FASERN & GARNE 17 Biologisch abbaubarer Polyester mit ähnlichen Eigenschaften wie hochdichtes Polyethylen Universität Konstanz 18 – 20 Auflösung und Rückgewinnung von Polyamid aus Fasermischungen für das Textilrecycling A.P. Manian et al. 21 – 23 Synchrotronstrahlung zur Analytik anorganischer Fasern – insbesondere Basaltfasern H. Lichtenberg, J. Hormes, W. Klysubun et al., TEXT I LVEREDLUNG 24 – 25 Säureschutzmantel-Textilausrüstung zum Schutz gegen mikrobiellen Befall O. Etemad-Parishanzadeh, J.S. Gutmann, T. Textor et al. 26 – 27 Reduzierung des Energieverbrauchs und Abluftreinigung an Textilveredlungsmaschinen Brückner Textile Technologies MANAGEMENT 10 Harald Cleven 10 Matthias Holzammer, Eelco Spoelder 12 Urs Meier 14 Gunnar Meyer, Stefan Fllöth 14 Stéphane Thouvay 16 Thomas Oetterli, Norbert Klapper 16 Philipp Ebbinghaus STATEMENT 30 Die größten Herausforderungen für 2023 G.T. Gresser INFOS 28 Kalender 29 Neues Buch 29 Firmenverzeichnis 29 Impressum 5 MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023 INHALT
NEWS UNTERNEHMEN: Assyst NEWS: Business Style3D wird Alleingesellschafter UNTERNEHMEN: Schmietex Engineering NEWS: Business Übernahme des Nähwirksortiments von Naplafa VERANSTALTUNG: Heimtextil NEWS: Business Transformation zu mehr Nachhaltigkeit Seite 6– 16 UNTERNEHMEN: Andritz/Renewcell NEWS: Recycling Neue Fasern aus Alttextilien UNTERNEHMEN: Carbios/Novozymes NEWS: Recycling Partnerschaft zum Biorecycling von PES VERANSTALTUNG: Domotex NEWS: Recycling Nachhaltige Bodenbeläge im Fokus UNTERNEHMEN: Oeko-Tex NEWS: Prüfung Neue Prüfkriterien 2023 UNTERNEHMEN: Textilchemie Dr. Petry NEWS: Business Übernahme von Industrie-Chemie Stein UNTERNEHMEN: Autoneum NEWS: Business Automotive-Geschäft von Borgers übernommen UNTERNEHMEN: Rieter NEWS: Business 56 % Umsatzplus in 2022 INSTITUTE: DIN / DKE / VDI NEWS: Normung Normungsroadmap Circular Economy VEREINIGUNG: AVK NEWS: Studie Neue Composites-Recycling-Studie UNTERNEHMEN: Lenzing/Renewcell NEWS: Recycling Aus Textilabfällen werden neue Fasern UNTERNEHMEN: Trevira NEWS: Recycling Auf demWeg zur Kreislaufwirtschaft UNTERNEHMEN: Brückner NEWS: Produktion Verdopplung der Beschichtungs- kapazität bei Vetex Ihre Fach- medien im neuen Kleid Liebe Leserinnen und Leser, Sie halten gerade unsere erste Ausgabe von Melliand Textilberichte im neuen Layout in den Händen. Wir folgen auch weiterhin den Trends und Märkten in der Textilindustrie und passen uns kontinuierlich daran an – daher jetzt die Umstellung auf ein frischeres und modernes Auftreten. Bewährt bleibt die kompetente Bericht- erstattung aus der und über die komplette textile Lieferkette vom Faserroh- stoff über die Faserherstellung, Fasern, Garne, Garn- und Flächenherstellung bis hin zur Textilveredlung und dem umfangreichen Bereich der technischen Textilien und Vliesstoffe. Unverändert sind auch unsere Redaktions-, Sales- und Marketing-Teams. Um allen Bereichen/Themen und Trends gerecht zu werden, bleiben wir auch weiterhin bei den eigenständigen Fach- titeln. Allerdings wird aus Chemical Fibers International ab sofort Man-Made Fibers International, damit wir auch dem zunehmenden Trend der Recycling- und biobasierten Fasern gerecht werden können. Unter unserer Dachmarke Textile Technology erscheinen die Fachmedien Man-Made Fibers International (MMFI), Technische Textilien / Technical Textiles (TT), Melliand Textilberichte / Melliand International (MTB/MI) und NonwovensTrends (NWT). Hinzu kommt der gemeinsame Online-Auftritt TextileTechnology.net mit 4 kosten- freien Newslettern/Woche. Wir freuen uns sehr, wenn Sie uns Ihre Meinung, Kommentare und Rückmeldung zu unserer neuen, aber auch bewährten Medienwelt mitteilen – ganz einfach per E-Mail an claudia.vanbonn@dfv.de. Claudia van Bonn Chefredakteurin TextileTechnology TAKE A LOOK! 6 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
Renewcell hat auf der neuen Anlage in Sundsvall / Schweden die ersten Textilfasern aus Textilabfällen produziert. Das Fasermaterial wurde mit der innovativen ADuro-Technologie von Andritz aufbereitet, um in weiterer Folge reinen Faserzellstoff aus 100 % Textilabfällen zu erzeugen. Renewcells Kunden können mit dem daraus resultierenden Endprodukt neue Textilien herstellen. Die Anlage in Sundsvall wurde am 31. Oktober 2022 in Betrieb genommen. Andritz installierte dabei ein komplettes, auf Zerkleinerungs- und Separationstechnologie basierendes Textilfaser-Aufbereitungssystem. Herzstück der Anlage sind Schredder der ADuro-Produktlinie, die Alttextilien in nur einem Prozessschritt zerkleinern und so bis zu 60.000 t Textilabfälle pro Jahr verarbeiten. In den nachfolgenden Separationsstufen werden Verunreinigungen wie Knöpfe und Reißverschlüsse aus dem zerkleinerten Textilmaterial automatisch entfernt. Renewcell AB, Stockholm/Schweden, und der internationale Technologiekonzern Andritz AG, Graz/Österreich, sind bereits seit 2016 Partner. Andritz unterstützte Renewcell bei der Entwicklung seines Textil-Recyclingprozesses in der Versuchsanlage in Kristinehamn/ Schweden und nun auch in seiner ersten kommerziellen Textil-Recyclinganlage in Sundsvall. Renewcell wurde 2012 gegründet und konzentriert sich auf das Recyceln von Alttextilien – mit der Vision, Mode im Rahmen der Kreislaufwirtschaft herzustellen. Renewcells Technologie wandelt gebrauchte Baumwolle und andere Cellulosefasern in ein neues Rohmaterial unter dem Markennamen Circulose um. Der Faserstoff wird zur Produktion hochwertiger, biologisch abbaubarer Viskose- oder Lyocell-Textilfasern für die Bekleidungsindustrie verwendet. Das Biochemieunternehmen Carbios und Novozymes, ein führendes Unternehmen für biologische Lösungen, haben eine exklusive, langfristige und globale strategische Partnerschaft angekündigt. Diese Vereinbarung sichert die langfristige Produktion und Lieferung von Carbios‘ patentrechtlich geschützten PET-abbauenden Enzymen in industriellem Maßstab für die (nach Angaben des Unternehmens) weltweit erste biologische Recyclinganlage von Polyester in Longlaville/Frankreich sowie für die künftigen Lizenznehmer von Carbios. Carbios SA, Clermont-Ferrand/Frankreich, ein Vorreiter in der Entwicklung enzymatischer Lösungen für das Recycling von Kunststoff- und Textilpolymeren, und Novozymes A/S, Bagsvaerd/Dänemark, arbeiten seit 2019 zusammen, um enzymbasierte Lösungen zu entwickeln und die Nachhaltigkeitsherausforderung der Kunststoffverschmutzung anzugehen, sowohl im Bereich des Recyclings von Polyester als auch des biologischen Abbaus von PLA. Aufbauend auf dem aktuellen „Joint Development Agreement“ (JDA) werden Carbios und Novozymes im Rahmen der neuen Vereinbarung ihre Zusammenarbeit ausweiten und Enzyme entwickeln, optimieren und produzieren, die anschließend von Novozymes an alle Lizenznehmer der Carbios-Technologie geliefert werden. Die neue Vereinbarung gewährt beiden Parteien Exklusivität im Rahmen der Partnerschaft. Die strategische Partnerschaft unterstützt den großtechnischen Einsatz der patentierten PET-Recyclingtechnologie von Carbios, beginnend mit der künftigen industriellen Referenzanlage in Longlaville. Der Baubeginn ist für 2023 vorgesehen. Die Anlage soll 2025 in Betrieb gehen und eine Verarbeitungskapazität von 50.000 t Abfall pro Jahr haben. Nachdem die Weltleitmesse für Teppiche und Bodenbeläge Domotex 2 Jahre hintereinander pandemiebedingt ausfallen musste, präsentierten nun über 730 Aussteller vom 12.-15. Januar 2023 in Hannover eine innovative Produktvielfalt. Im Mittelpunkt der Messe bot „The Green Collection“ eine Impuls- und Inspirationsfläche über Nachhaltigkeit in der Teppich- und Bodenbelagsindustrie. Die Besucher konnten sich über nachhaltige Produkte und Lösungen sowie den aktuellen Forschungsstand informieren. Teil der Sonderschau war außerdem eine kuratierte Materialpräsentation sowie ein umfangreiches Konferenzprogrammmit informativen Fachvorträgen. In den neuen „Mood Spaces“, 5 durch internationale Interior-Designer gestaltete Rauminstallationen, wurden aktuelle Wohntrends vorgestellt und das Zusammenspiel von Boden und Raumgestaltung visualisiert. Bei der Domotex 2024, die vom 11.-14. Januar 2024 unter dem Motto „grüner, stärker, vereint“ stattfindet, soll „The Green Collection“ noch weiter ausgebaut werden. UNTERNEHMEN: Andritz/Renewcell NEWS: Recycling Neue Fasern aus Alttextilien Nachhaltige Bodenbeläge im Fokus Partnerschaft zum Biorecycling von PES UNTERNEHMEN: Carbios/Novozymes NEWS: Recycling VERANSTALTUNG: Domotex NEWS: Recycling 7 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
Übernahme von Industrie- Chemie Stein Neue Prüfkriterien 2023 Zum 1. Januar 2023 hat der Spezialchemiehersteller Textilchemie Dr. Petry die Industrie-Chemie Stein GmbH (ICS), Hechingen, übernommen. Das Unternehmen, das seit 34 Jahren von Frank Ellner geleitet wurde, stellte Ende 2022 die Produktion und den Vertrieb seiner Textilhilfsmittel ein. Die Produktpalette, die überwiegend Hilfsmittel für Spezialanwendungen beinhaltet, ergänzt die PalettederTextil- chemie Dr. Petry GmbH, Reutlingen, und wird dort unverändert weitergeführt. Die Kunden von ICS können sich mit allen Anliegen direkt an die Textilspezialisten von Textilchemie Dr. Petry wenden. Ellner wird weiterhin beratend zur Seite stehen. Vertrauen innerhalb der Textil- und Lederindustrie basiert auf gleichbleibender Qualität. Die Oeko-Tex Gemeinschaft hat wieder die Aktualisierung der geltenden Prüfkriterien, Grenzwerte und Richtlinien für ihre Zertifizierungen veröffentlicht. Ab April 2023 steht zudem die neue Zertifizierung Oeko-Tex Organic Cotton für die verlässliche Kennzeichnung von BioBaumwoll-Textilien zur Verfügung. Durch sie wird nicht allein die Produktion überprüft, auch der Rohstoffeinsatz über die Lieferkette wird nachvollziehbar gemacht. UNTERNEHMEN: Textilchemie Dr. Petry NEWS: Business UNTERNEHMEN: Oeko-Tex NEWS: Prüfung Oeko-Tex hat bei den Zertifizierungen Standard 100, Leather Standard und Eco Passport ein generelles Verbot für die Verwendung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen ( PFAS/ PFC) in Textilien, Leder und Schuhen erlassen. Bei der Oeko-TexZertifizierung Eco Passport stehen weitere Änderungen an: Das bislang freiwillige Self-Assessment wird ab April 2023 für alle Produktionsstätten verpflichtend. Die Oeko-Tex Association, Zürich/Schweiz, veröffentlichte nun die neuen Prüfkriterien 2023. Alle Neuregelungen treten nach einer Übergangsfrist am 1. April 2023 endgültig in Kraft. Eine wichtige Partnerschaft wurde mit Sustainability-Accelerator GoBlu International Ltd., Hong Kong/China, eingegangen. Dabei ermöglicht die BHive-App von GoBlu STeP-zertifizierten Produktionsbetrieben künftig, Nachhaltigkeitsanforderungen und Chemikalienmanagement in globalen Lieferketten in Sekundenschnelle zu überprüfen. Durch die Integration in Oeko-Tex STeP profitieren STeP-Kunden von den Vorteilen einer umfangreichen Chemikalien-Datenbank, die langfristig eine Reduzierung von Arbeitsaufwand, Zeit und Kosten gewährleistet. Die Nutzung von intelligenten Systemen optimiert darüber hinaus die verlässliche Einhaltung von anerkannten Industriestandards wie der STeP MRSL und der ZDHC MRSL. Die Neuregelungen 2023 für alle Oeko-Tex-Produkte sind auf www.oeko-tex.com/news abrufbar. Am 6. Januar 2023 hat Autoneum eine Vereinbarung zur Übernahme des AutomotiveGeschäfts von Borgers unterzeichnet. Der Abschluss der Transaktion wird nach kartellrechtlicher Freigabe im April 2023 erwartet. Der Unternehmenswert beläuft sich auf 117 Mill. €. Die Finanzierung der Transaktion erfolgt zunächst über einen neuen Kredit. Zur langfristigen Refinanzierung der Übernahme ist eine Kapitalerhöhung im Umfang von rund 100 Mill. sfr vorgesehen. Artemis Beteiligungen AG, Hegiswil /Schweiz, und PCS Holding AG, Frauenfeld /Schweiz, die beiden größten Aktionäre der Autoneum Management AG, Winterthur /Schweiz, haben zugesagt, an der Kapitalerhöhung entsprechend ihrer aktuellen Beteiligungen teilzunehmen. Borgers SE & Co. KGaA, Bocholt, ist Spezialist für textile Schallisolierungen, Dämmungen und Verkleidungen. Das Produkt- und Kundenspektrum von Borgers ist weitgehend komplementär zum Produkt- und Kundenportfolio von Autoneum. Die Produktlinien Radlaufschalen, Kofferraumauskleidungen sowie das LKW-Geschäft von Borgers ergänzen das Produktangebot von Autoneum. Vor allem im Bereich der textilen Radlaufschalen gehört Borgers zu den Marktführern in Europa. Darüber hinaus zeichnet sich die Produktpalette von Borgers insbesondere durch nachhaltige und vollständig rezyklierbare Produkte aus. Im Geschäftsjahr 2021 hat die Borgers Automotive Gruppe einen Umsatz von 610 Mill. € mit rund 4.700 Mitarbeitenden erwirtschaftet. Aufgrund der globalen Präsenz von Autoneum ergeben sich mit dem Produktportfolio von Borgers mittelfristig weitere Umsatzpotentiale für profitables Wachstum auch außerhalb von Europa. Autoneum übernimmt Borgers Automotive aus der Insolvenz und hat mit dessen Kunden neue Preisstellungen und Lieferbedingungen vereinbart. Diese stellen sowohl kurz- als auch langfristig eine nachhaltige Profitabilität und die Weiterentwicklung von Produkt- und Prozesstechnologien sicher. UNTERNEHMEN: Autoneum NEWS: Business Automotive-Geschäft von Borgers übernommen 8 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
NUTZEN SIE DIESEN PLATZ FÜR IHRE WERBEBOTSCHAFT. UNSERE LESER SIND IHRE ZIELGRUPPE. FIRST COME FIRST SERVE. JETZT MEDIADATEN CHECKEN & KAMPAGNE PLANEN! 56 % Umsatzplus in 2022 Trotz eines sehr anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfelds im Geschäftsjahr 2022 konnte Rieter den Umsatz steigern und erwarte eine positive EBIT-Marge. Der Jahresumsatz 2022 stieg bei der Rieter Holding AG, Winterthur/Schweiz, im Vergleich zum Vorjahr um 56 % auf 1,51 Mrd. sfr. Die Entwicklung der EBIT-Marge war stark von erheblichen Kostensteigerungen beeinflusst. Es wird mit einer EBIT-Marge von rund 2 % (2021: 4,9 %) gerechnet. Neben den geopolitischen Unsicherheiten war 2022 besonders von 3 wesentlichen Herausforderungen geprägt: Der außerordentlich hohe Auftragsbestand zum Jahresbeginn 2022 von rund 1,84 Mrd. sfr wurde aufgrund des rasanten Anstiegs der Inflation zu erheblich höheren Kosten abgewickelt. Diese konnten nur teilweise über Preiserhöhungen und andere Gegenmaßnahmen kompensiert werden. Zur Absicherung der Auslieferungen mussten erhebliche Materialengpässe kompensiert werden, insbesondere bei Elektronikkomponenten, was zu erheblichen zusätzlichen Entwicklungsaufwendungen führte. Im 2. Halbjahr 2022, vor allem im 4. Quartal, wirkten sich die eingeleiteten Maßnahmen zur Beseitigung von Materialengpässen positiv aus. Zudem fielen größere Aufwendungen auch in Zusammenhang mit den akquirierten Geschäften (Accotex, Temco und Winder) an. Rieter verfügte zum Jahresende 2022 über einen Auftrags- bestand von rund 1,54 Mrd. sfr, der damit weit in das Jahr 2023 bzw. 2024 reicht. Im Jahr 2022 verzeichnete Rieter Auftragsstornierungen in Höhe von unter 10% bezogen auf den Auftragsbestand. UNTERNEHMEN: Rieter NEWS: Business 9 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
Normungsroadmap Circular Economy Neue Composites- Recycling-Studie INSTITUTE: DIN/DKE /VDI NEWS: Normung VEREINIGUNG: AVK NEWS: Studie Im Sinne des European Green Deal und des Klimaschutzgesetzes 2021 sollen Materialien und natürliche Ressourcen idealerweise in Kreisläufen geführt werden. Damit das gelingt, braucht es Normen und Standards. Hier setzt die Normungsroadmap Circular Economy an: Das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN), Berlin, die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) und der VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V., Offenbach, sowie der Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI), Düsseldorf, haben das Dokument am 19. Januar 2023 veröffentlicht. Die Roadmap beschreibt, vor welchen Herausforderungen im Bereich der Circular Economy die Branchen stehen und welche Normen und Standards benötigt werden. Erarbeitet wurde sie von mehr als 550 Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft. Das Bundesumweltministerium (BMUV), Berlin, hat das Projekt gefördert. Die Roadmap umfasst 7 Schwerpunktthemen, die sich an den Fokusthemen des Circular Economy Action Plan der EU orientieren: Digitalisierung, Geschäftsmodelle und Management; Elektrotechnik und IKT; Batterien, Verpackungen, Kunststoffe, Textilien sowie Bauwerke und Kommunen. Die Roadmap gibt einen Überblick über den Status quo der Normung und Standardisierung in diesen Bereichen und zeigt vor allem Bedarfe für künftige Normen und Standards auf. Dabei spielen unter anderem Themen wie Anforderungen an Mehrwegsysteme, standardisierte Mehrwegverpackungen, Qualitätsanforderungen an Sekundärrohstoffe und die Definition der Langlebigkeit von Produkten eine Rolle. Zudem wurden 5 Querschnittsthemen identifiziert, die alle Schwerpunkte betreffen: Nachhaltigkeitsbewertung, Lebensdauerverlängerung, digitaler Produktpass (DPP), Recyclingfähigkeit und End of Waste. Auf Basis der erarbeiteten Ergebnisse soll nun die konkrete Umsetzung erfolgen. Koordiniert werden die Arbeiten durch den Fachbeirat Circular Economy von DIN und DKE in der Koordinierungsstelle Umweltschutz (KU). Die Themen Nachhaltigkeit und Recycling sind in der Industrie und auch in der Kunststoffindustrie sowie im Leichtbau seit einigen Jahren immer wichtiger geworden. Die AVK – Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e.V., Frankfurt/M., hat gemeinsam mit dem IKK – Institut für Kunststoff und Kreislaufwirtschaft der Leibniz-Universität Hannover eine umfassende Studie zum Composites-Recycling erarbeitet. Warum Composites vorteilhaft sind, wurde bislang wenig systematisch oder eher punktuell untersucht. Mit der jetzt veröffentlichten Composites-Recycling-Studie liegt die erste große Untersuchung zum Thema Recycling von Composites vor. Die Studie bietet eine systematische und umfassende Übersicht über die anfallenden Abfallmengen und die aktuellen sowie zukünftig verfüg- und nächste Seite Matthias Holzammer Harald Cleven MANAGEMENT MANAGEMENT Matthias Holzammer gibt die operative Führung der Autoneum Management AG, Winterthur/Schweiz, zum 27. März 2023 ab. Zum neuen CEO hat der Verwaltungsrat Eelco Spoelder ernannt, der über 25 Jahre Erfahrung in der Automobilzulieferindustrie aufweist. Spoelder hat in globalen Führungspositionen in der Automobilzulieferindustrie bei Faurecia SA, Nanterre/Frankreich, und zuvor bei der Continental AG, Hannover, seine operative Kompetenz und strategische Kontinuität auch in einem schwierigen Marktumfeld gezeigt. Er hat umfassende Erfahrung in den Bereichen Operations, Manufacturing, Purchasing, Customer Satisfaction, Quality und IT. Holzammer verlässt die Autoneum Management AG, Winterthur / Schweiz, auf eigenen Wunsch. Bis zum 30. Juni 2023 wird er als Senior Advisor dem Verwaltungsratspräsidenten und dem neuen CEO beratend zur Verfügung stehen. Am 30. Dezember 2022 ist Harald Cleven, ehemaliger Schatzmeister und Vorstandsmitglied des Verbands der deutschen HeimtextilienIndustrie e.V. (Heimtex), Wuppertal, im Alter von 72 Jahren verstorben. Cleven war ehe- maliger geschäftsführender Gesellschafter der longlife Teppichboden Berndt Cleven GmbH & Co, Nettetal, und wurde 2010 als Schatzmeister in den Vorstand des Verbands Heimtex berufen. Dieses Amt füllte er bis zu seinem Ausscheiden 2021 mit großem Engagement und viel Leiden- schaft aus. Gerade in den schwierigen Jahren des Verbands, die mit einschneidenden Umbrüchen im Vorstand verbunden waren, stellte er laut Angaben von Heimtex eine verlässliche und orientierunggebende Konstante dar. 10 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
Vom Rohstoffbis zum fertigen Textil - wir setzen Standards und unterstützen Marken, Einzelhändler und Hersteller dabei, ihre Ziele in Bezug auf Umwelt, soziale Verantwortung und Qualität zu erreichen. Für uns ist Nachhaltigkeit kein Trend, sondern eine Lebenseinstellung: testex.com Gemeinsam für eine bessere Zukunft. Aus Textilabfällen werden neue Fasern umsetzbaren Lösungen zum hochwertigen Recycling. Dabei werden auch die Vor- und Nachteile zu den verschiedenen Verfahren bewertet sowie relevante gesetzliche Vorgaben und Normen betrachtet. Die Studie zeigt, dass in einigen Bereichen ein hoher Anteil recycelt wird, z.B. bei den Thermoplasten, in anderen Bereichen jedoch noch nicht. Gerade beim chemischen Recycling sind die Technologien noch nicht sehr fortgeschritten, und manchmal sind auch Anlagekapazitäten noch nicht ausgelastet. „Es gibt aber auch Anwendungen für Composites, die schon heute aus technischer Sicht einfach zu recyceln wären und bei denen es „nur“ an der Logistik und dem Willen fehlt. Auch eine Harmonisierung von Gesetzen und Normen sowie der Rechtsprechung wäre wünschenswert, um das Composites- Recycling weiter voranzubringen“ sagt IKK-Institutsleiter Prof. Hans-Josef Endres. Die Studie ist für 799,- € (zzgl. MwSt.) bei der AVK erhältlich (für AVK-Mitglieder für einen ermäßigten Preis von 399,- € zzgl. MwSt.). Der Recyclingspezialist Renewcell und der Hersteller von Cellulosefasern Lenzing haben am 6. Dezember 2022 eine mehrjährige Liefervereinbarung unterzeichnet, um den Wandel der Textilindustrie von einem linearen zu einem Modell der Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen. Die Vereinbarung gilt für einen Zeitraum von 5 Jahren und beinhaltet den Verkauf von 80.000100.000 t des zu 100 % recycelten Circulose Textilzellstoffs von Renewcell AB, Stockholm/Schweden. Die Lenzing AG, Lenzing/ Österreich wird diesen recycelten Zellstoff in der Produktion für die Herstellung von Cellulosefasern für Bekleidung und andere textile Anwendungen verwenden. Mit den Technologien Refibra und Eco Cycle bietet Lenzing Lösungen für die Umgestaltung der Textil- und Vliesstoffindustrien in Richtung Kreislaufwirtschaft an. Es ist ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensstrategie, ein Vorreiter in der Kreislaufwirtschaft zu sein und bis 2025 Spezialtextilfasern der Fasermarken Tencel und Lenzing Ecovero mit bis zu 50 % Alttextilien-Recyclinganteil auf kommerzieller Basis anzubieten. Circulose stammt zu 100 % aus Textilabfällen, z.B. alten Jeans und Produktionsausschuss, und wird zu Faserzellstoff. Textil- und Produktionsabfälle werden so zu neuen und hochwertigen Textilprodukten weiterverarbeitet. UNTERNEHMEN: Lenzing/Renewcell NEWS: Recycling 100% recycelter Circulose- Textil- zellstoff 11 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
2022 war besonders von Krisen gekennzeichnet: Die anhaltende Corona-Pandemie, gestörte Lieferketten sowie die durch den Ukrainekrieg ausgelöste Energiekrise prägten die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Auch das Geschäft mit flammhemmenden Fasern und Filamentgarnen von Trevira geriet unter diesen Einflüssen unter Druck, insbesondere aufgrund der stark ansteigenden Energie- und Rohstoffkosten. Der Ausblick für 2023 des Polyesterherstellers Trevira GmbH, Bobingen, ist leicht optimistisch, eine Erholung des Marktes wird aber erst wieder im 2.– 3. Quartal 2023 erwartet. Die Produktion der flammhemmenden Stapelfasern Trevira CS lag mengenmäßig 2022 in etwa auf Vorjahresniveau. Dabei stieg diese in den ersten 9 Monaten noch um etwa 10 % über die Vorjahresmenge, was aber durch einen deutlichen Nachfragerückgang im 4. Quartal 2022 relativiert wurde. Als besonders robust hat sich das Geschäft in Italien und der Türkei erwiesen, wo die gesetzten Ziele für 2022 erreicht werden konnten. Im letzten Jahr ist besonders die Nachfrage nach recycelten Fasern (pre-consumer) für den Einsatz in Trevira-CS-eco-Textilien angestiegen. Aufgrund von Verzögerungen in der Anlaufphase konnten allerdings die nachgefragten Mengen nicht vollumfänglich bedient werden. Für 2023 werden hier deutliche Wachstumspotenziale gesehen. Die Investition in einen neuen Schmelzfilter für eine der Spinnanlagen wird durch die hiermit verbundene Prozessoptimierung dazu beitragen, die steigende Nachfrage besser erfüllen zu können. Im Bereich der flammhemmenden Filamentgarne wurden die Ziele für 2022 leicht unterschritten und schneiden mengenmäßig mit ca. 4 % unter Plan ab. Für 2023 hat sich Trevira in diesem Segment ein Wachstumsziel von 5 % gesetzt. Trevira-CS-Stoffe sind auch in recycelten Varianten verfügbar. Sie bestehen aus Faser- und Filamentgarnen, die in unterschiedlichen Recyclingprozessen gewonnen werden. Trevira-CS-eco-Qualitaten haben einen Recyclinganteil von mindestens 50 %. Filamentgarne werden unter Nutzung von recycelten PET-Flaschen hergestellt, sie enthalten einen Anteil von 50 % Post-Consumer-Recyclingmaterial. Recycelte Fasern werden unter Nutzung einer Agglomerationsanlage und in weiteren Prozessschritten aus wiederverwertbaren Wertstoffen aus der ProdukUNTERNEHMEN: Trevira NEWS: Recycling Auf demWeg zur Kreislaufwirtschaft nächste Seite Urs Meier MANAGEMENT Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) im Bauwesen einzusetzen, galt vor gut 40 Jahren als revolutionär, wenn nicht gar utopisch. Der ehemalige Direktor des Empa-Standorts Dübendorf Urs Meier, der diese Idee hatte und durch seine Forschung und Entwicklungen Wesentliches zu ihrer Realisierung beitrug, wurde am 8. Januar 80 Jahr alt. In seiner Laufbahn erwarb Meier mehrere Patente und veröffentlichte etwa 300 wissenschaftlich-technische Publikationen. Er hielt Hunderte von Vorträgen und Kursen auf der ganzenWelt, um die Verwendung von Verbundwerkstoffen, insbesondere CFK im Bauwesen, zu fördern. Meier erhielt außerdem eine ganze Reihe renommierter Auszeichnungen: Das Canada Research Network bedankte sich 2004 für die jahrelange Zusammenarbeit mit einem nach ihm benannten Stipendium, dem „Urs Meier Scholarship“. Im Jahr 2005 verlieh ihm das Royal Military College of Canada die Ehrendoktorwürde und ehrte ihn damit als „geistigen Urheber für Kanadas Erfolge auf dem Gebiet der kohlenstofffaserverstärkten Bauwerke“. Im Jahr darauf zeichnete ihn die Internationale Gesellschaft für faserverstärkte Kunststoffe im Bauwesen (IIFC) mit dem Lifetime Achievement Award aus. 2007 folgte der Fellowship Award der International Society for Structural Health Monitoring of Intelligent Infrastructure (ISHMII). 2008 verlieh ihm das Department Werkstoffe der ETH Zürich anlässlich seiner Verabschiedung die Staudinger-Durrer-Medaille für seine langjährige Vorlesungstätigkeit an der Hochschule. 2019 durfte der CFK-Pionier eine weitere prestigeträchtige Auszeichnung entgegennehmen – den Fellow Award der in rund 40 Ländern vertretenen Society for the Advancement of Materials and Process Engineering (SAMPE). Und 2022 wurde Urs Meier mit dem Lifetime Achievement Award geehrt. Auch nach seiner Pensionierung im Jahr 2008 blieb Urs Meier der Empa, Dübendorf/Schweiz, erhalten und arbeitete an diversen Projekten mit. Eine der neueren Arbeiten war ein Gutachten zur Stadtbahnbrücke in Stuttgart- Degerloch. 12 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
Entgegen dem generellen Trend im Bereich von Bodenbelägen – weg vom Teppichboden – ist die Nachfrage nach hochwertigen Teppichen bei Vetex weiterhin groß. Somit hat sich 2021 die Geschäftsleitung der Vetex GmbH & Co. KG Teppichbodenfabrik, HerzebrockClarholz, zum Ziel gesetzt, eine Verdopplung der Produktionsleistung im Bereich der Beschichtung von Tuftingteppichen zu erreichen. Die Kapazität der bestehenden Beschichtungsanlage, eines 10-Felder-Spannrahmens, der auf 2 Etagen installiert und exakt in die Halle eingepasst war, reichte nicht mehr aus. Vetex produziert unter der Marke Infloor Girloon getuftete und gewebte Teppichböden sowie Teppichfliesen. In der vollstufigen Produktionskette wird neben dem Weben und Tuften auch beschichtet, kontinuierlich gefärbt, bedruckt und konfektioniert. UNTERNEHMEN: Brückner NEWS: Produktion Verdopplung der Beschichtungs- kapazität bei Vetex tion gewonnen und bestehen zu 100 % aus Recyclingmaterial (Pre-ConsumerRecycling). Alle flammhemmenden, recycelten Trevira Produkte sind GRSzertifiziert (Global Recycled Standard). Für Trevira-CS-Stoffe gibt es auch eine Rücknahme- und Wiederverwertungsmöglichkeit. Gebrauchte Trevira-CSStoffe (post-consumer) oder nicht verkaufte Trevira-CS-Reststoffe (preconsumer) können im Rahmen des Trevira-CS-Rücknahmeprogramms recycelt werden. Der mechanische Recyclingprozess und die Weiterverarbeitung zu Vliesstoffen finden beim Recyclingunternehmen Altex Gronauer Filz GmbH, Gronau, statt. Ein langfristiges Ziel ist der Einstieg in eine geschlossene Kreislaufwirtschaft. Ausgangspunkt der neuen Entwicklung ist ein chemisch recycelter Rohstoff. So werden bei dieser Trevira-CS-Produktentwicklung Fasern und Filamentgarne aus Rohstoff hergestellt, der zum überwiegenden Teil aus chemischem Recycling, sowie zu einem kleinen Teil aus nachwachsenden Rohstoffen stammt. Der neue Spannrahmen von Brückner Textile Technologies GmbH & Co. KG, Leonberg, mit integriertem Duo-ThermTrockner arbeitet mit einer horizontalen Nadelkette und direkter Gasheizung. Die exakt und separat für Ober- und Unterluft einstellbare Temperatur mit einer möglichen Differenz von bis zu 60 °C ist gut für Teppichbeschichtungen geeignet. Venturi-Mischdüsen zur Durchmischung der extrem heißen Brennergase mit der zirkulierenden Prozessluft sowie die Konterung der Thermozonen alle 3 m sorgen für eine optimale Temperaturverteilung und damit für maximale Trocknungsleistung bei geringem Energieverbrauch. Mit dem neuen Duo-Therm kann nun mit nur einem Feld mehr als bisher eine Verdopplung der Produktionsgeschwindigkeit gegenüber dem alten 10-FelderSpannrahmen erreicht werden. 13 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
Ab sofort gehört das Fashion-Tech-Unternehmen Assyst zum 3D-Software- Unternehmen Style3D. In Zukunft werden beide Unternehmen 2D- und 3D- basierte Lösungen aus einer Hand anbieten und dabei ihre starke globale Technologiebasis und die sich ergänzenden Ressourcen nutzen. Die Assyst GmbH, Aschheim, betreibt ihre Geschäfte weiterhin eigenständig, entwickelt alle ihre Produkte weiter und strebt mit Style3D, Shanghai /China, eine gemeinsame, durchgängige Produktwelt an. Der erste gemeinsame Auftritt des Assyst- Style3D-Teams fand auf der Assyst Experience im Rahmen der Munich Fabric Start vom 24. – 26. Januar 2023 statt. Beide Unternehmen sind in der Bekleidungsentwicklung und Bekleidungsproduktion tätig: Style3D in Asien und Assyst in EMEA. Gemeinsam entsteht jetzt ein globales Angebot für Produzenten und Marken, das die gesamte Wertschöpfungskette der Bekleidungsindustrie von der Entwicklung über die Produktion bis zum Vertrieb abdeckt. Geplant ist vor allem die Integration der Flaggschiffprodukte beider Unternehmen – Assyst.CAD und Style3D. Style3D ist eine fortschrittliche 3D-Fashiondesign-Software mit entsprechend weltweit hohen Wachstumszahlen, während Assyst ein Führer im deutschsprachigen Raum und in Italien im CAD-Bereich ist und ein durchgängiges Softwareportfolio von 2D/ 3D-CAD bis zur Produktion (Automarker) anbietet. Assyst stärkt zudem durch den Zusammenschluss ihre Wettbewerbsposition im europäischen 3D-Bereich. Style3D wiederum profitiert von Assysts Expertise in den Bereichen Entwicklung, CAD und digitale Simulation von Bekleidungs- produkten sowie vom Zugang zum internationalen Markt. Mit Wirkung zum 1. Juli 2022 hat Schmietex Engineering einen Großteil des Nadel- und Teilesortiment der Nadel- und Platinenfabrik Naplafa GmbH, Chemnitz, übernommen. Die Produktion am Standort Chemnitz wird fortgeführt. Damit gewinnt die Schmietex Engineering GmbH, Hohenstein-Ernstthal, zusätzliches Know-how und über 70 Jahre Erfahrung in der professionellen Fertigung vonWirkwerkzeugen. Ende 2021 wurden Pläne des bisherigen Naplafa-Eigners Hugo Kern und der Liebers GmbH & Co KG, Schramberg, bekannt, den Chemnitzer Standort zu schließen und nur bestimmte Sortimente zu verlagern. Daraufhin nahmen Schmietex-Geschäftsführer Jörg Bredemeyer und die Gesellschafterfamilie Schmiedl erste Gespräche auf. Schmietex Engineering kaufte als Hauptkunde seit vielen Jahren verschiedene Naplafa-Produkte, um diese in seiner Gießerei zu verarbeiten und dann in den eigenen Maschinen einzubauen oder weltweit an seine Kunden im Nähwirksegment zu liefern. Schmietex setzt auf die Fertigung individueller Nähwirkmaschinen zur Herstellung verschiedener Verbundwerk- stoffe, vorwiegend für technische Textilien. Entwickelt und konstruiert werden MaschinenderTypenMalimomit Schusseintrag,Maliwatt,Malivlies, Kunit/Multinit und Sondervarianten in den Arbeitsbreiten von 1600 bis 6000 mm. UNTERNEHMEN: Assyst NEWS: Business UNTERNEHMEN: Schmietex Engineering NEWS: Business Style3D wird Alleingesellschafter Übernahme des Nähwirk- sortiments von Naplafa Gunnar Meyer MANAGEMENT Seit 1. Januar 2023 ist Gunnar Meyer neuer Geschäftsführer der A. Monforts Textilmaschinen GmbH & Co. KG, Mönchengladbach. Er folgt auf Stefan Flöth. Gunnar Meyer begann seine Karriere bei Monforts und war zwischen 1985 und 2010 in verschiedenen Funktionen für den Vertrieb und kaufmännische Belange verantwortlich, unter anderem als General Sales Director. Nach Stationen bei anderen namhaften deutschen Textilmaschinenherstellern im Bereich Vliesstoffe kehrte er 2019 zu Monforts zurück. A. Monforts Textilmaschinen wurde 1884 gegründet und ist heute ein führender Anbieter von Textilfärbe- und Veredlungsmaschinen sowie Beschichtungsanlagen. Das Unternehmen ist Marktführer für Spannrahmen, Kontinue-Färbeanlagen, Sanforisieranlagen und Sonderausführungen für Denim und für die Beschichtung von technischen Textilien und anderen Spezialanwendungen. Stéphane Thouvay MANAGEMENT Seit dem 1. Januar 2023 ist Stéphane Thouvay neuer Managing Director Sales der Südwolle Group GmbH, Nürnberg. In dieser Funktion verantwortet er ab sofort die weltweiten Vertriebsaktivitäten innerhalb der Südwolle Group. Ab dem 1. April 2023 wird er außerdem mit der Leitung der globalen Marketingorganisation des Unternehmens betraut. Die Südwolle Group ist ein führender Hersteller von Kammgarnen für Weberei, Rund- und Flachstrickprodukte in reiner Wolle und Wollmischungen. Thouvay war in den vergangenen 6 Jahren bereits Teil der Südwolle-Geschäftsführung und dort für den Bereich Product Management & Innovation zuständig, den er auch weiterhin verantworten wird. Er verfügt über umfassende Erfahrungen in der Textilbranche, in der er bereits seit 1997 tätig ist. Bevor er im Mai 2009 zur Südwolle Group kam, war er in mehreren Positionen bei DyStar (der heutigen DyStar Singapore Pte. Ltd., Singapur) tätig. 14 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
Parallel findet der Sustainability Summit statt. 1 TICKET 2KONGRESSE 18. April 2023 Steigenberger Airport Hotel Frankfurt amMain Sponsoren: Performed by: Oliver Hein COO s.Oliver Group Jennifer Beuth Abteilungsleiterin Intralogistik und -IT Planung Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik VORTRAG Flexible und resiliente Prozesse in der Intralogistik Dr. Horst Gersmeyer Group COO / Mitglied der Geschäftsführung Seidensticker Gruppe Torsten Müller Vice President, Distribution, Europe & South Asia-MEA Levi Strauss & Co. Jennifer Beuth „Retouren spielen im Fashion B2B als auch B2C Bereich eine beachtliche Rolle. Wir haben in unserem Forschungsvorhaben daher nicht wie sonst üblich in der Retourenvermeidung angesetzt, sondern Optimierungsmöglichkeiten für diesen Bereich gesucht.” Jetzt Tickets sichern! www.dfvcg-events.de/supply-chain-summit
Carolin Till, Alexandra Bohn, Prof. Dr. Anabel Ternès von Hattburg, Olaf Schmidt (v.l.n.r) (Quelle: dfv Mediengruppe) Make and Remake (Quelle: dfv Mediengruppe) Als eine global vernetzte Industrie stellen zukünftig EU-weite Lieferkettengesetze auch die Heimtextilbranche vor große Herausforderungen und ermöglichen gleichzeitig Marktchancen. Mit einer Podiumsdiskussion zum Thema Nachhaltigkeitstransformation wurde am 10. Januar die Heimtextil eröffnet. Etwa 2.400 Aussteller aus über 120 Ländern präsentierten vom 10. – 13. Januar 2023 in Frankfurt /M. neue Produkte und Innovationen der Wohn- und Heimtextilbranche. ImGreen Village der Heimtextil konnte auch im Austausch mit Zertifizierern Nachhaltigkeit umfassend gedacht werden. Textilzertifikate bieten neben Herkunft und Qualitätsniveau auch den Nachweis, dass ein Produkt soziale und ökologische Standards erfüllt. Seit 2023 umfasst das Green Village zudem Unternehmen, die ganzheitlich nachhaltig handeln. Aussteller der Heimtextil setzten zudem zunehmend auf Transformations- strategien, die mehrere Sustainable Development Goals (SDGs) berücksichtigen. Dazu gehören innovative nachhaltige Produktdesigns – von Fasern aus Polyester über Leinen in Kombination mit anderen Naturfasern wie Hanf bis hin zu Bettwäsche aus mit Kork beschichteter Baumwolle. Aber auch Photovoltaikanlagen zur Deckung des Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen oder Filtersysteme, die durch Textilveredlung entstehende Abwässer aufbereiten, sind Beispiele hin zu mehr Nachhaltigkeit. „Die Heimtextil ist ein Ort, an dem Lieferketten neu gedacht, zirkuläre Ansätze erlebbar und grüne Innovationen verdichtet werden. Fachmessen sind ein wichtiger Impact für globale Partnerschaften und für die Umwelt", sagte Detlef Braun, Geschäftsführer der Messe Frankfurt. Im Trendareal „Textiles Matter“ wurden 4 Wege der Kreislaufwirtschaft vorgestellt undgabendemMarkt Impulse für einenachhaltigeEntwicklung.Materialien, Liefer- ketten, soziale Verantwortung: Diese Themen wurden auch auf dem Panel-Talk beleuchtet. Außerdem ging es um die Frage, wie auf der Heimtextil Nachhaltigkeit als Querschnittsthema ganzheitlich präsentiert wird. An der Diskussionsrunde nahmen Caroline Till, Director und Co-Founder des FranklinTill-Studios, Prof. Dr. Anabel Ternès von Hattburg, Zukunftsforscherin und geschäftsführende Direktorin des Internationalen Instituts für Nachhaltigkeitsmanage- ment, und Olaf Schmidt, Vice President Textiles &Textile Technologies der Messe Frankfurt, unter der Moderation von Alexandra Bohn, Style Content Director der F.A.Z. Quarterly, teil. VERANSTALTUNG: Heimtextil NEWS: Business Transformation zu mehr Nachhaltigkeit Philipp Ebbinghaus MANAGEMENT Ab 1. Januar 2023 wird Philipp Ebbinghaus, Leiter der beiden Bereiche Finanzen und IT sowie CFO (Chief Financial Officer) der US- Gesellschaft Sandler Nonwoven Corporation, Mitglied des Vorstands der Sandler AG, Schwarzenbach a.d. Saale. Zum 31. Dezember 2022 wird Wolfgang Höflich, Mitglied des Vorstands, nach 46 Jahren im Unternehmen in den Ruhestand treten. Der Vorstand der Sandler AG setzt sich somit seit 1. Januar 2023 aus Dr. Christian Heinrich Sandler (Vorsitzender/CEO), Dr. Ulrich Hornfeck (Vorstandsmitglied) und Ebbinghaus zusammen. Höflich hat fast sein gesamtes Berufsleben bei der Sandler AG verbracht. Er startete 1976 als Assistent der Betriebsleitung und stieg 7 Jahre später zum Betriebsleiter mit Gesamtprokura auf. Seit 1995 hat er den Bereich Produktion verantwortet, zuerst als Bereichsleiter, ab 2010 als Vorstandsmitglied. Höflichs Verantwortung für den Bereich Produktion hat im Juli 2022 bereits Stephan Hopster übernommen. Er wird ab dem 1. Januar 2023 direkt anCEODr. Sandler berichten. Thomas Oetterli MANAGEMENT Mit Wirkung zum 13. März 2023 wird Thomas Oetterli die Nachfolge von Norbert Klapper als Chief Executive Officer (CEO) bei der Rieter AG, Winterthur/Schweiz, antreten. Oetterli wurde auch als Mitglied des Verwaltungsrats vorgeschlagen. In den letzten Jahren hat er maßgeblich an der erfolgreichen Entwicklung der Schindler Group, Ebikon/Schweiz, mitgewirkt, ab 2006 als CEO Schweiz, später als für Europa und China zuständiges Mitglied der Konzernleitung und von 2016-2022 als CEO der Gruppe. Mit seiner langjährigen industriellen und internationalen Erfahrung bringt Oetterli gute Voraussetzungen mit. Klapper wird nach seinem Ausscheiden als CEO bis Ende September 2023 dem Verwaltungsratspräsidenten als Senior Advisor zur Verfügung stehen. 16 NEWS MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023
FASERN & GARNE Biologisch abbaubarer Polyester mit ähnlichen Eigenschaften wie hochdichtes Polyethylen Universität Konstanz Hochdichtes Polyethylen (HDPE) ist ein besonders beständiger und langlebiger Werkstoff. Seine Eigenschaften als Thermoplast verdankt er vor allem dem inneren Aufbau der Molekülketten, die sich zu einem hohen Grad kristallin anordnen. Allerdings gibt es kein biologisch abbaubares HDPE, da Polyethylen als reiner Kohlenwasserstoff keine funktionellen Gruppen in den Molekülketten besitzt, an denen abbauende Enzyme angreifen könnten. An der Universität Konstanz wurde jetzt ein Polyestermaterial entwickelt, das eine ähnliche Kristallinität wie HDPE aufweist und daher dessen mechanische Eigenschaften hat. Polyesterwerkstoffe können jedoch anders als Polyethylen an ihren funktionellen Gruppen chemisch oder enzymatisch aufgebrochen werden, was sie biologisch abbaubar machen würde – allerdings wirkt Kristallinität dem entgegen. Überraschend ist, wie schnell sich der neue teilkristalline Polyester im Enzymbad zersetzt. Der Abbau mit natürlich vorkommenden Enzymen verläuft im Vergleich zu Referenzmaterialien um eine Größenordnung schneller. Nicht nur Enzym- lösungen bauen das Material ab, auch Mikroorganismen im Boden kompostierten den Polyester vollständig. Warum ist dieser harte Polyester so ungewöhnlich gut abbaubar? Als wesentlichen Grund identifizierten die Forschenden einen seiner Grundstoffe, der für die Polymerisation benötigt wird: Ethylenglykol. Dieser Baustein ist recht gängig für Polyester. Damit erhält man den hohen Schmelzpunkt, aber er erhöht auch die Abbaubarkeit für diese polyethylenartigen Materialien. Wegen seiner guten chemischen und biologischen Abbaubarkeit, verbunden mit den mechanischen Eigenschaften, bietet sich der neue Polyester als Thermoplast an, der recyclingfähig ist und nicht lange in der Umwelt verbleibt. Ziel ist ein geschlossener Kreislauf durch chemisches Recycling. Aber wenn bei diesem Kreislauf, bei dem der Kunststoff in seine Rohstoffe zerlegt wird, um hochwertiges Neumaterial zu fertigen, doch etwas in die Umwelt gelangt, dann wird dieser Kunststoff irgendwann von selbst vollständig abgebaut und verschwindet aus der Umwelt. Biologisch abbaubarer Polyester mit ähnlichen Eigenschaften wie hochdichtes Polyethylen (Quelle: Wiley-VCH) BILD 1 HDPE-ähnliche Eigenschaften X = 66%, E= 730 MPa recyclingfähig kompostierbar Kreislaufsysteme und deren Umweltauswirkungen Mit Blick auf die neuesten Entwicklungen in der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft findet die Cellulose Fibres Conference (CFC) am 8. / 9. März 2023 in Köln und online statt. Die kommerzielle Produktion von Cellulosefasern basiert derzeit primär auf der Verwendung aus Holz stammender Zellstoffe. Als alternative Rohstoffquellen bieten sich inzwischen Nichtholzfasern, Textilabfälle oder sogar Papierzellstoff an. Eine breitere Rohstoffbasis birgt auch ein großes Potenzial für die weitere Optimierung der Umweltverträglichkeit von Cellulosefasern. Veranstaltet vom nova-Institut für politische und ökologische Innovation GmbH, Hürth, stellen die Vorträge und Präsentationen während der Cellulose Fibres Conference umfangreiche Informationen zu vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Cellulosefasern mit alternativen oder verbesserten Rohstoffen und Technologien vor. Es wird zudem über zugehörige geschlossene Kreisläufe und Kreislaufsysteme sowie deren Umweltauswirkungen informiert. Darüber hinaus bietet die Konferenz Einblicke in die stetig wachsenden Bereiche der cellulosebasierten Vliesstoffe, Verpackungen und Hygieneprodukte, die über den Bereich herkömmlicher Textilanwendungen hinausreichen. nova-Institut Hürth 17 MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023 FASERN & GARNE
Auflösung und Rückgewinnung von Polyamid aus Fasermischungen für das Textilrecycling In den letzten 2 Jahrzehnten ist die Produktion neuer Kleidung erheblich gestiegen, während die Nutzungsdauer, d.h. die Zeit, in der die Kleidungsstücke genutzt werden, bevor sie weggeworfen werden, gesunken ist. Dies führt zu einem dramatischen Anstieg des Aufkommens an Textilabfällen. Das bedeutet, dass jede Sekunde eine Lkw-Ladung entsorgter Kleidung auf einer Deponie oder Verbrennungsanlage irgendwo auf der Welt abgeladen wird [1]. Die prekäre Situation verlangt nach nachhaltigen Lösungen, z.B. Kleidung länger zu nutzen und nach der Entsorgung nützliche Bestandteile für die Wiederverwendung bei der Herstellung neuer Kleidung rückzugewinnen [2]. Es gibt auf dem Markt neue Textilien, die recycelte Materialien enthalten. Jedoch in den meisten Fällen stammen sie aus nichttextilen Materialien wie z.B. Softdrinkflaschen, Verpackungsmaterial und Fischernetzen. Die Verwendung von Materialien, die aus alten Textilien recycelt werden, das sog. Faser-zu-Faser- oder Textil-zu-Textil-Recycling, macht schätzungsweise weniger als 0,5 % des Ausgangsmaterials für die Herstellung neuer Textilien aus und es gibt Forderungen, diesen Anteil zu erhöhen [2, 3]. Ein Großteil der Textilien besteht aus Stapelfasern, d.h. kurzen Fasern mit einer Länge von 30 – 200 mm, die zu Garnen mit durchschnittlich 135 – 185 Drehungen/m verzwirnt und zu Stoffen verarbeitet werden. Oft sind die Garne gemischt, d.h. , dass mehrere Polymertypen werden in jedem Garn gemischt, z.B. Polyester mit Baumwolle und Elastan. Für das Faser-zu-Faser- Recycling müssen daher die einzelnen Polymertypen getrennt werden. Dies kann durch mechanische oder chemische Verfahren erreicht werden. Mechanische Verfahren umfassen das Schneiden, Schreddern, Entwirren oder Mahlen von Stoffen, um lose Fasern freizusetzen. Sie führen jedoch zu einem erheblichen Anteil an Kurzfasern (d.h. weniger als 12 mm Länge), die für das Spinnen von Garnen unbrauchbar sind [3]. Außerdem kann Elastan den Prozess stören und die Ausbeute an nutzbaren Fasern weiter verringern. Bei chemischen Verfahren werden die Textilien mit einem chemischen Mittel, z.B. Lösungen auf Wasserbasis, Alkoholen oder anderen organischen Lösungsmitteln, unter optimierten Temperatur- und Druckbedingungen behandelt, wobei in einigen Fällen Katalysatoren eingesetzt werden. Solche Verfahren können so ausgelegt sein, dass Bestandteile selektiv aus Mischungen gewonnen werden, z.B. Polyester und Cellulose aus Polyester-Baumwoll-Mischungen. Die Rückgewinnung kann durch Auflösen des Polymers oder durch die Depolymerisation erfolgen. Avinash P. Manian, Thomas Bechtold, Tung Pham Universität Innsbruck, Forschungsinstitut für Textilchemie und Textilphysik, Dornbirn /Österreich Handelt es sich bei dem zurückgewonnenen Polymer um die intakte Faser, was teilweise bei mechanischen Trennverfahren der Fall ist, kann sie direkt für das Spinnen neuer Garne wiederverwendet werden. Wenn die Trennung durch Depolymerisation erfolgt, werden die zurückgewonnenen Monomere für die spätere Repolymerisation und das Spinnen der Fasern gereinigt. Bei der Trennung durch Auflösen kann das Polymer direkt nass zu Fasern gesponnen werden, z.B. Cellulose, die durch Auflösen in ionischen Flüssigkeiten zurückgewonnen wird, oder das Polymer kannwieder ausgefälltundzuFasernschmelzgesponnenwerden, z.B. bei thermoplastischen Polymeren wie Polyester (PES) oder Polyamid (PA). Die Wahl des Trenn- und Recyclingverfahrens hängt von der Art des Polymers ab. Cellulosefasern können aufgelöst und durch Nassspinnen zu Fasern regeneriert werden. Es besteht aber nicht die Möglichkeit, Cellulose zu repolymerisieren. Proteine (z.B. Wolle, Seide) können nicht aus ihren Monomeren (d.h. den Aminosäuren) polymerisiert werden, und die Möglichkeiten zur Regenerierung solcher Fasern aus Lösungen sind auch sehr begrenzt. Synthetische Polymere können entweder depolymerisiert oder aufgelöst und für die spätere Faserherstellung wiederaufbereitet werden. Das Recycling von Kunststoffen durch Depolymerisation und Repolymerisation kann im Prinzip mehrfach durchgeführt werden, da es grundsätzlich keinen Unterschied zwischen den Produkten aus zurückgewonnenen Monomeren und den aus petrochemischen Rohstoffen gibt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Ausbeute an verwertbaren Monomeren über mehrere Depolymerisationszyklen hinweg abnimmt. Forschungsschwerpunkt Der Schwerpunkt der hier beschriebenen Forschung liegt auf der Trennung und Rückgewinnung von PA aus textilen Materialien. 18 MELLIAND TEXTILBERICHTE 1 | 2023 FASERN & GARNE
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